Wirbelsäule

Die Wirbelsäule wächst in verschiedenen Wachstumsstadien unter-schiedlich schnell und ist bis zur Reife des Skeletts instabil.

Wirbelsäule // © Sebastian Kaulitzki - Fotolia.comFunktion

Die Wirbelsäule ist an allen Bewegungen des Körpers beteiligt und hält ihn in einem dynamischen Gleichgewicht. Die aufrechte Haltung und nötige Korrekturbewegungen werden durch die Neurosensorik kontrolliert und von der Muskulatur ausgeführt, welche an den Fortsätzen der Wirbel ansetzt, die zueinander beweglich gelagert sind. Die Muskulatur kehrt jeweils in ihre „Ruhelage“ zurück.

Da sich die Schwerkraftlinie des Oberkörpers vor der Wirbelsäule befindet, ist die Muskulatur bei aufrechtem Oberkörper auch in Ruhelage in ständiger Spannung, um den Körper aufrecht zu halten. Die Wirbelsäule weist in frontaler Ebene eine Hals- und Lendenlordose und eine Brustkyphose auf.

Durch diese Krümmungen und die Spannung der Muskulatur wirkt die Wirbelsäule als elastische Feder, welche unvermeidliche Erschütterungen beim Gehen und Laufen mildert und das Gehirn vor gefährlichen Stössen schützt.

Diese natürlichen Krümmungen haben beim Kind und Jugendlichen die bedeutende Aufgabe, das Wachstum der Wirbelsäule zu kompensieren, bis sich die Muskulatur in der Länge angepasst hat.

Struktur

Die Wirbelsäule bildet mit Kopf, Brustkorb, Sternum und Becken das symmetrisch angelegte Achsenskelett.

Das Becken dient der Kraftübertragung zwischen dem Oberkörper und den Beinen, es gibt der Wirbelsäule eine horizontale Basis.

Das Kreuzbein entsteht aus 5 Wirbelkörpern und deren Bögen, die in der Kindheit und Adoleszenz zu einem stabilen Knochen verwachsen. Als Teil des Beckenringes hat es die Aufgabe der stabilen Kraftübertragung auf das Hüftgelenk. Das Steissbein besteht individuell unterschiedlich aus 3-6 Knöchelchen als Reste der Schwanzwirbelsäule und hat keine Funktion mehr.

Der Brustkorb mit dem Sternum schützt lebenswichtige Organe, er ist elastisch, verändert sein Volumen bei jedem Atemzug und verformt sich bei seitlichen Bewegungen.

Der Aufbau aller Wirbel ist ähnlich, ihre Form ist „passgenau“ auf benachbarte Wirbel abgestimmt, doch sind keine zwei Wirbel gleich. Grosse Unterschiede bestehen vor allem zwischen den Wirbeln im Bereich des Brustkastens und den Wirbeln ohne geschlossenem Rippenbogen.

Wirbelsäule24 Echte Wirbel (Norm)

  • Cervikal: 7 Wirbel
  • Thorakal: 12 Wirbel (11-13)
  • Lumbal: 5 Wirbel (4-6)

Kreuz- und Steissbein

  • Kreuzbein: 5 Wirbel
  • Steissbein: 3-5 Wirbel

Die Anzahl der Wirbel ist nicht bei jedem Menschen gleich. Abweichungen von der „Norm“ treten in unteren Abschnitten der Wirbelsäule häufiger auf.

 

Wirbel mit Bandscheiben // © Sebastian Kaulitzki - Fotolia.comMorphologie

Je zwei Wirbel und die dazwischen liegende Bandscheibe bilden ein Bewegungssegment, die einzelnen Bewegungssegmente haben unterschiedliche Bewegungsspielräume. Die Wirbelsäule wird durch die Bandscheiben und verschiedene Bänder (Ligamente) zusammengehalten. Die Wirbelgelenke, in Verbindung mit der Bandscheibe erlauben eine relativ geringe Beweglichkeit der einzelnen Wirbel zueinander (Neigung und Drehung), erst im koordinierten Zusammenspiel aller Bewegungssegmente erhlt die Wirbelsäule ihre erstaunliche Beweglichkeit.

Wirbel im DetailVorderer Teil der Wirbelsäule

  • Wirbelkörper
  • Bandscheibe
  • Sehnen

Hinterer Teil der Wirbelsäule

  • Wirbelbogen mit Dornfortsatz und zwei Querfortsätzen
  • Sehnen und Muskeln

Kinetik

WirbelsäuleDie Beweglichkeit der Wirbelsäule in ihren Bewegungssegmenten ist – bedingt durch ihre Morphologie und ihre Krümmungen – in allen Ebenen der Wirbelsäule unterschiedlich. Neigung und Streckung finden vor allem lumbal statt, Seitneigung schwergewichtig thorakolumbal, Drehung thorakal, lumbal nur zu 5%. Nur im hochthorakalen Bereich finden Drehung, Neigung und Streckung und laterale Flexion (Seitneigung) statt.

Wachstum und Reife

Die Wirbelsäule braucht für ihre Entwicklung ca. 18 Jahre, in der sich ihre Motorik dem Wandel der Gestalt anpasst. Sie bestimmt wesentlich die Körperhaltung.

Es ist vor allem der Prozess des Wachstums und der Reife mit den damit verbundenen strukturellen Veränderungen mit ihren Auswirkungen auf die Körperhaltung und auf Bewegungsabläufe, welche die kindliche Wirbelsäule von der eines Erwachsenen unterscheiden. Dieser Vorgang wird durch Erbanlagen, anatomische, physiologische, motorische und psychische Einflüsse beeinflusst.

Von der Geburt bis zur Reife
läuft dieser Prozess in drei Phasen ab

  • die Wachstumsphase des Kleinkindes: bis zum ca. 5. Lebensjahr verdoppelt sich die Körperlänge,
  • bis zum Eintritt in die Pubertät folgt eine Phase langsameren Wachstums. Der Körper streckt sich durch Abflachung der Krümmungen der Wirbelsäule und einem Kippen des Beckens. Damit ist mit eine neue Abstimmung der motorischen Fähigkeiten verbunden
  • die Phase des pubertären Wachstumsschubs, mit einem unproportionalen Wachstum des Skeletts und Anpassung der Muskulatur. Bei diesem Gestaltwandel ändern sich die biomechanischen Hebelverhältnisse, die Haltung wird instabil. Die Muskulatur, welche den Oberkörper aufrichtet und stabilisiert, ist durch den Prozess der Anpassung weniger leistungsfähig. In dieser Phase ist die mechanische Festigkeit der Wirbelsäule durch hormonelle Einflüsse reduziert, besonders bei Mädchen, es besteht eine hohe Störungsanfälligkeit. Schon während dem Wachstumsschub beginnt der Reifeprozess des Skeletts.

In der Zeitachse der Entwicklung der Entwicklung finden folgende wesentliche Prozesse statt

  • Hormonelle Reifung als Faktor der Steuerung
  • Wachstum der Knochen mit zunehmender Verknöcherung
  • Reifung des Skeletts bis Epipyhsenschluss (Dauer ca. 2 Jahre)
  • Anpassung der Muskulatur an das Wachstum und die verschiedenen Gestaltwandel bis zur Reife

WirbelsäuleEntwicklung der Wirbel

Beim Erwachsenen ist der Wirbel ein homogener Knochen, aber auch er entsteht aus einem Verschmelzungsprozess von mehreren durch knorpelige Epiphysen verbundenen Segmenten, die unabhängig voneinander wachsen und nach Abschluss des Wachstums miteinander verschmelzen. Dieser Prozess ist erst mit der Ausreifung des Skeletts abgeschlossen.

 

Wachstumsfugen der WirbelsäuleWachstumsfugen der Wirbel

  • Obere und untere Deckplatte
    • Wirbelkörper
  • Linke und rechte Wachstumsfuge
    • Teil des Wirbelkörpers und des Wirbelbogens mit Querfortsätzen, Wirbelgelenk und Lamina
  • Dornfortsatz

Vereinfacht dargestellt wachsen die Wirbel, indem von ihren knorpeligen Epipysen knöcherne Substanz abgesondert und in den knöchernen Diaphysen angelagert wird. Dieses epiphysäre Wachstum ist durch Hormone gesteuert, vor allem durch das Wachstumshormon Somatropin und durch Testosteron und steht damit im Zusammenhang mit der generellen Entwicklung des Kindes.

Die Wachstumsimpulse selbst gehen von HOX (Homöogen Box) aus. Die Epiphysen eines Wirbels erhalten ihre Impulse von unterschiedlichen HOX, was erklärt, weshalb das Wachstum der Knochensegmente eines Wirbels nicht völlig synchron ist, und der Wirbel temporär unterschiedliche Höhen haben - und die Wirbelsäule aus dem Lot bringen kann.

Das Wachstum der Wirbel erfolgt erst ventral, dann dorsal. Wenn die Wirbel vorne wachsen, also höher werden, verstärkt sich die Lordose und die Kyphose verringert sich, wachsen die Wirbel hinten, verringert sich die Lordose, die Kyphose verstärkt sich.

Eine Verletzung oder Überbelastung der Epiphyse kann das epiphysäre Wachstum behindern oder auch stimulieren.

Während des Wachstums sind Knochen durch äussere Krafteinwirkung verformbar, auch die Orientierung der Segmente zueinander ist nicht stabil.